Die Heldenreise Teil 3: Schwierigkeiten

Ich habe in meinem Berufsleben als Berater und Moderator viele Schwierigkeiten gemeistert. Manchmal kamen diese Herausforderungen aus meinen eigenen Erwartungen heraus, manchmal von anderen auf mich projiziert. Dabei ging es um das Funktionieren als Vater, das professionelle Agieren als Berater, das private Leben als Partner in der Ehe und vieles mehr.

Natürlich hat dieser berufliche Erfolg seit 2005 nicht immer nur zu Glücksmomenten geführt. Es gab immer wieder Herausforderungen, Schwierigkeiten, Probleme. Die meisten davon, das kann ich ganz ehrlich im Rückblick sagen, entstanden aus meinen eigenen Erwartungen heraus. Erwartungen, die ich mir selbst auferlegte, aber auch Erwartungen anderer, die ich auf mich projiziert habe.

Dazu zählen u.a. das Funktionieren als Vater, das professionelle Agieren als Berater, das private Leben als Partner in der Ehe u.v.m. Und auch hier war irgendwann die Zeit für eine Erkenntnis gekommen. Nicht zu mir selbst zu sagen: „ich kann diese Erwartungen nicht alle erfüllen“. Sondern: „ich will diese Erwartungen nicht mehr alle erfüllen“.

Mir bewusst zu machen: was sind denn tatsächlich meine eigenen Erwartungen und Wünsche? Ich wollte – und will bis heute - diese identifizieren, in Kontakt mit ihnen kommen und vor allen Dingen formulieren. Das Formulieren, also das tatsächliche Aussprechen - oder noch besser – Aufschreiben ist eine sehr wirksame Methode, die ich für mich entdeckt habe.

Von Professor Leaf Van Boven (University of Colorado, Boulder) gibt es ein Zitat, das ich vorbehaltlos bestätigen kann: „Wir definieren und konstruieren unsere Erfahrungen, wenn wir sie erzählen. Auf diese Weise werden die Erfahrungen und Erlebnisse ein Teil unseres eigenen Ichs“. Wirklichkeit entsteht, wenn ich etwas für mich ausspreche oder auch mit anderen teile. Wenn ich mir klar mache, was wirklich im Innersten mich bewegt und ausmacht.

Auf dem Weg zur heutigen Situation gab es einige Herausforderungen. Ganz besonders in Erinnerung habe ich dabei mein Projekt in Russland, der erste Auftrag nach Beendigung meiner beruflichen Erfolglosigkeit. Dort kam ich mit mir zuvor fremden Denk- und Verhaltensweisen und Mentalitäten in Kontakt. Zwar war ich Teil eines kleinen Teams, doch fühlte ich mich vollkommen auf mich allein gestellt. Weit weg von zu Hause, fachlich unsicher, unter starkem Druck und quasi keine Rückzugsmöglichkeit – weder in räumlicher noch zeitlicher Hinsicht.

Halt gab mir eine selbstgeschaffene Routine: Übungen aus meiner Coach Ausbildung zur progressive Muskelrelaxation nach Jacobson an jedem Abend, zum Runterkommen und Einschlafen. Das Malen von Bildern zu meiner Situation und einzelnen Themen, um mich damit mit anderen als den üblichen analytischen Ressourcen in mir auseinanderzusetzen.

Diesem Projekt in Moskau schloss sich eines in Berlin an. Nach knapp einem halben Jahr Projektarbeit in Russland wollte ich als Übergang - sozusagen als Zwischenlösung - in Berlin einen Auftrag annehmen. Ich war mir sicher, in nur wenigen Wochen etwas anderes in der Nähe von zuhause zu finden. Ein Erfolg war schon, die Beauftragung zu erhalten.

Gesucht wurde ein Profil, zu dem ich fachlich nur bedingt passte. Trotz des Erfolgsdrucks blieb ich im Bewerbungsgespräch bei mir. Ich schilderte meine Arbeitsweisen und Erfahrungen - und gewann gegen andere Berater aus den großen Strategieberatungen. Tatsächlich wurde aus der kurzen Zwischenlösung zuerst ein halbes, dann ein ganzes Jahr usw. Am Ende war ich in der Summe über 10 Jahre für diesen Kunden tätig.

Die Mehrzahl meiner Arbeitstage in allen Jahren habe ich entweder in Berlin oder Hamburg verbracht. Und ohne dass es meine Kontakte wohl bewusst bemerkt haben: ich ließ immer mehr meiner Coachingansätze in die reguläre Beratungs- und Projektarbeit einfließen.

Im Jahr 2014 öffnete sich mir die Gelegenheit, eine ganz neue Erfahrung zu machen: ich wurde Interimsgeschäftsführer eines international tätigen Spezialanlagenbauers in Dresden. Nun trug ich tatsächlich die unternehmerische Verantwortung für ein Unternehmen, das sich damals in einer wirtschaftlich bedrohlichen Lage befand. Noch schwerer wog die Verantwortung für die Menschen, deren Schicksale und persönliche familiäre Situationen von ihrem Arbeitsplatz abhingen. Besonders belastend wurde die Situation mit dem Aufkommen von Pegida in Dresden. Der deutlich spürbare Riss zwischen den Sichtweisen zog sich quer durch die Mannschaft. Auch hier fand ich für mich die Ruhepunkte in verschiedene Übungen, im Reflektieren und auch im Aufbau der Attraversiamo Seminare.

Zwei Zitate begleiteten mich durch diese Zeit: „Unsere äußeren Schicksale interessieren die Menschen, die inneren nur den Freund“ (Heinrich von Kleist). Und von Laotse: „ Go to the people. Live with them. Learn from them. Love them. Start with what they know. Build with what they have. But with the best leaders, when the work is done, the task accomplished, the people will say 'We have done this ourselves.” Dieser Ansatz zieht sich wie ein roter Faden durch meine berufliche Tätigkeit.

Egal ob Russland, Berlin, Hamburg, Muskat oder Dresden: wenn es schwer wurde besann ich mich auf meine Übungen und Praktiken der Coachausbildung. Vielleicht wurde es auch erst schwer, wenn ich auf diese verzichtete? Verzichtete, weil ich meinte Zeit zu sparen, wenn ich die morgendliche Meditation und die abendliche Reflexion über längere Zeit ausfallen lies? Dabei erfuhr ich immer wieder, wie gut es mir tat, mich auf schwierige Gesprächstermin durch eine sog. Dreier-Dyade vorzubereiten; eine kritische Beziehung zu einem Geschäftspartner durch das Vermeulen Analyse Modell zu bearbeiten. Und all die anderen großen und kleinen Methoden und Übungen: sie trugen mich, wenn es für mich wichtig war. Das ließ mich zur Erkenntnis kommen: nur wenn ich für mich selbst sorge kann ich auch für andere sorgen.

In dieser Zeit, seit 2005, mit den geschilderten Schwierigkeiten haben sich diese Erkenntnisse bei mir eingeprägt: Zum einen. Ich tu mir gar nicht so gut mit dem Vorweglaufen, mit dem „der Anführer“ sein. Das ist nicht mein Ding. Mein Ding ist eher, der Hirte zu sein. Der Hirte läuft hinter seiner Herde her. Er schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Herde, die für sie richtige Richtung erkennt und sie einschlägt.

Ein Beispiel: Als Berater nutzte ich zuvor gerne den Anspruch „Vom Reden zum Tun!“ Also nicht nur schöne Konzepte und Präsentationen erstellen, sondern tatsächlich in die Umsetzung gehen. Im Lauf der Jahre erkannte ich, dass die Umsetzung immer durch die Menschen selber passieren muss, dass das Potential für Veränderung in den Menschen immer da ist. Meine Aufgabe ist es, dieses Potential offen zu legen, den Menschen zu helfen, dieses Potenzial zu nutzen. Damit setze ich ein wesentliches Konzept des Coachings nach Boudewjin Vermeulen um: „vom Tun zum Sein“. D.h. da zu sein, präsent zu sein, Übungen zum Experimentieren anzubieten. Das Tun kommt dann durch die Menschen selbst, wenn der Prozess bei ihnen startet.

Im Laufe dieser Jahre lief ich immer wieder verschiedenen Methoden und Trends hinterher. Eines meiner Schwerpunktthemen ist Projektmanagement. Da kann man sich zertifizieren lassen, man kann nach agilen Prinzipien arbeiten, es gibt immer wieder neue Trends und selbsternannte Koryphäen mit ganz neuen Ansätzen. Meist habe ich mich bemüht, auf der Höhe der Zeit zu sein, die neuesten Quellen und Literatur zu kennen. Und mich überkam auch immer wieder das Bestreben, meine Qualifikation nachzuweisen, z.B. über Zertifizierungen und eigene Veröffentlichungen oder zumindest schlaue Kommentare auf den einschlägigen Plattformen.

Das erforderte viel Kraft und Zeitaufwand. Dieser Aufwand drohte, zu groß zu werden und mich von meinen eigenen Themen abzuhalten. So besann ich mich auf meine Basis und bisherige Erkenntnisse. Das größte Potenzial liegt immer in den Menschen selbst. Wie kann ich Ihnen helfen, es zu entdecken, zu nutzen, sich selbst zu entwickeln? Und was ist die eine Sache, die alles andere möglich und leicht macht?

Und auch eine zweite Erfahrung hat mich in den Jahren immer wieder über Selbstzweifel getragen, ob ich „up to date“ bin: Die Definition meines Selbstwerts über erzielten Umsatz macht mich auf Dauer krank. Das heißt, auch die Erfüllung meines Bedürfnisses nach Wichtigkeit kostet Kraft und Energie, die mir für alle anderen Lebensaspekte fehlt.

Ich musste für mich andere Kriterien finden, andere Werte, über die ich mich selbst definiere. Und so entschloss ich mich dann zum Beispiel 2013 erstmalig ein nichtkognitives Seminar anzubieten: "Attraversiamo - dein Weg zu dir".

Attraversiamo ist eines der Lieblingswörter der Protagonistin des Romans „Eat-Pray-Love“. Sie erkundet verschiedene Lebensaspekte auf ihren Stationen durch 3 Länder. In Italien entdeckt sie „attraversiamo“ für sich. „Attraversiamo“ heißt so viel wie „lasst uns hinübergehen, lasst uns hinüberwechseln“.

In „Attraversiamo – dein weg zu dir“ bot ich erstmalig, zusammen mit einem anderen Coach und Qui Gong Lehrer aktiv Methoden und Übungen aus meiner Coaching Ausbildung an. Ich ließ sie also nicht nur in meine Beratungs- oder Moderationstätigkeit einfließen, sondern stellte sie in den Mittelpunkt meines Angebots und meiner Leistungen.

Ich musste mir selbst eingestehen, nicht allen neuen Hypes, Methoden und Schlagwörtern hinterher zu kommen. Und anstelle schneller zu rennen oder noch mehr Lebensenergie hineinzustecken, besinne ich mich auf meinen eigenen Erfahrungen, über die ich in meiner Geschichte berichtet habe.

Ich meiner Tätigkeit als Berater und Moderator integriere ich Methoden und Übungen aus meiner Coaching Ausbildung. Damit nimmt mein „per se Ansatz“, der mich ausmacht, Form an; abhängig von der Situation, in der sich die Menschen und die Teams, die ich begleite und betreue, gerade befinden. In Abhängigkeit von der Aufgabenstellung, die wir gemeinsam erarbeiten, wähle ich eine Kombination von Beratungs-, Moderations- und Coachingansätzen. 2022 entschloss ich mich ganz gezielt auch eigene Coaching Formate anzubieten: Als Einzel- Coaching und auch als Gruppencoaching, d.h. die Grenzgänger-Seminare.